Jugendarbeit: Deutscher Fußballbund zeichnet Darmstädter Präventionskampagne „Meine Abwehr steht!“ aus.

Nach einem Blitzturnier auf dem Bolzplatz vor dem Jugendhaus Messeler Straße ruft Sozialpädagoge Bernd Schmiedeke per Mikrofon. Schon kommen die fußballbegeisterten Kinder und Jugendlichen zusammen, um für ein Foto zu posieren. Mit auf dem Bild sind der künftige Oberbürgermeister Jochen Partsch, der Vizepräsident des Hessischen Fußballverbands, Gerhard Hilgers, und der Präsident des SV 98, Hans Kessler.

Rundherum strahlen die Gesichter, denn Mittwochabend ist Preisverleihung. Alle tragen die stahlblauen T-Shirts mit der Aufschrift „Meine Abwehr steht!“. Dieser Satz steht für eine Darmstädter Kampagne zur Suchtprävention, die bei der bundesweiten Sozialkampagne „Kinderträume 2011“ des Deutschen Fußballbundes vom ehemaligen Nationalwart Jens Lehmann ausgewählt und mit 3000 Euro gewürdigt wurde.
Rund 150 bis 200 Kinder haben bei der „zielgerichteten Prävention“, bei der es um Bewegung, Ernährung sowie den maßvollen Umgang mit Alkohol ging, teilgenommen, sagt der städtische Suchthilfekoordinator Volker Weyel. Ein Großteil des Nachwuchses komme aus belasteten Familien, in denen Eltern diesbezüglich keine Vorbilder seien.
So konsumieren einer Schülerbefragung in Darmstadt zufolge 50 Prozent der befragten Zwölf- bis Vierzehnjährigen regelmäßig Alkohol. Bei 72 Prozent wissen die Eltern von dem Konsum ihrer Kinder, und 47 Prozent der Eltern dulden den Alkoholkonsum sowie Zigaretten auch zuhause.
Viele sozial benachteiligte Kinder seien durch klassische Präventionsstrategien nicht zu erreichen, weiß Weyel aus Erfahrung. Deshalb wählte man Fußballprofis, mit denen sich der Nachwuchs gerne identifiziert: So entstand die Kooperation zwischen der AG Kobra, die alle Träger von Jugendarbeit der Stadt vereint, des Kommunalen Präventionsrats und des SV 98.
Die Kinder und Jugendlichen hatten bei dem Projekt die Gelegenheit, nach Trainingseinheiten mit den Profis sich auch mit ihnen über Suchtverhalten und die eigene Lebensgeschichte zu unterhalten. Zudem gab es Gesundheitsworkshops, und je ein SV 98-Spieler hat eine Patenschaft für ein Jugendhaus übernommen.

Der 17 Jahre alte Sandro, der mit seinem Freund Giacomo (18) vor dem Arheilger Jugendhaus steht, meint: „Wir haben alle Spieler kennen gelernt und mit ihnen gekickt, das hat richtig Spaß gemacht.“ Toll fand Sandro natürlich, dass er sogar den Torwart ausgetrickst hat. „Na ja, von zehn Schüssen war einer drin“, relativiert er.
Giacomo findet gut, „dass die was für die Jugendlichen getan haben“. Und, dass sie viel über Alkoholmissbrauch gelernt hätten: „Man kann schnell auf die schiefe Bahn geraten“. Die beiden sind „jetzt wieder“ Lilien-Fans, nachdem die Mannschaft in die Dritte Liga aufgestiegen ist. Ein bisschen Medienstar ist Sandro auch geworden, denn das Projekt wurde per Video festgehalten, und Sandro ist in einer Sequenz zu sehen.
Begeistert stehen die Kinder vorm Bildschirm, schauen sich immer wieder den Film an. Der zehnjährige Dominic Beer freut sich darüber, dass er den Aktivspielplatz darin entdeckt. „Da haben wir neulich seinen Geburtstag gefeiert“, erläutert Papa Reinholf.
Für Weyel, sind bereits erste Erfolge zu verzeichnen, „wenn die Jugendlichen zu Hause von ihrer Begegnung mit den Profi-Fußballern erzählen“.